DINGS OHNE D

Dorfgespräche und andere Geschichten

Lesezeichen

„Hast du gehört? Die Buchstabenmenschen wollen jetzt gelesen werden.“

„Du sprichst wie immer in Rätseln“, sagt mein Nachbar kopfschüttelnd. „Buchstabenmenschen? Gelesen? ... Wobei, natürlich liest man Buchstaben ... aber was sind Buchstabenmenschen?“

„Na du weißt schon“, sage ich. „Diese Q, B, L ... Ach, was weiß ich, diese Genderfuzzis eben.“

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Neue Schuhe

Langsam kam der Herbst, die nasse Jahreszeit. Da merkte ich, dass meine Schuhe für dieses Wetter nicht geeignet waren. Es waren immer noch diejenigen, die meine Tante in Weimar für Erbsen eingetauscht hatte. Sie hatten mir bisher gute Dienste geleistet, aber sie hatten eine sehr dünne Sohle und nun, bei Regenwetter, hatte ich ständig nasse Füße. Wie sollte das erst werden wenn Schnee lag?
Aber solche Gedanken waren nutzlos: Ich hatte keine Wahl, es gab keine Schuhe zu kaufen.

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Verschüttet

Hallo mein Alter,
letztens kamen ein paar der älteren Kinder zu mir, na ja, eigentlich muss man wohl Jugendliche sagen. Jedenfalls bearbeiten sie in der Schule gerade den jahrzehntelangen Nicht-Ausstieg aus den fossilen Energien, ihre Gruppe macht was zur Kohle. Dazu wollten sie von mir irgendwas hören - nur habe ich mich um so was ja nie gekümmert. Deshalb ...

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Notizblock - Meisters Werk 6

Der Meister hatte seit einiger Zeit den Eindruck, dass immer irgendeiner der Schüler alles aufschrieb was er sagte. Derjenige beteiligte sich dann nicht an den Gesprächen, sondern war einzig mit Schreiben beschäftigt.

Der Meister wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Offensichtlich hatten sie sich verabredet seine Worte festzuhalten. Aber wozu? Wenn sie eine Frage hatten, konnten sie sich doch jederzeit an ihn wenden. Dann wurde ihm bewusst, wie alt er war. Natürlich! Sie wollten für die Zeit vorsorgen, wo sie ihn eben nicht mehr fragen konnten.

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Lernerfolg - Meisters Werk 5

Dass er als Lehrer so wenig vermochte, betrübte den Meister. Er hatte den Eindruck, seinen Lebenssinn verfehlt zu haben, seiner Bestimmung nicht gerecht geworden zu sein. Nun ja, das war nicht wortwörtlich was er dachte. Er glaubte nicht an so etwas wie eine Bestimmung und wusste auch von keinem Sinn des Lebens. Er hielt sich an die Dinge die er wusste und so wie er es sah, wurde man geboren, lebte und starb irgendwann. Und während man lebte versuchte man kein opulitato zu sein ...

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Übungsweise - Meisters Werk 4

Der Meister machte sich nun immer mehr Gedanken über das Lehren und das Lernen. Jetzt, sagte er mit leisem Spott zu sich selbst, jetzt, wo es zu spät ist. Jetzt denke ich darüber nach.

Immerhin, so dachte er, brauche ich mir nicht vorwerfen, es nicht gut gemeint zu haben. Das habe ich. Aber ich habe nicht gut genug nachgedacht. Und ich hätte immer prüfen müssen, ob die Übungen die ich vorschlage, den gewünschten Erfolg haben. Ihm war nämlich erst jetzt bewusst geworden, dass es verschiedene Arten von Übungen gibt.

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Lehrerfolge - Meisters Werk 3

Als das Leben des Meisters sich dem Ende näherte, beschlich ihn der Gedanke, dass er wohl kein besonders guter Lehrer war. Genau genommen sogar ein eher schlechter.

Das soll nicht heißen, dass er seine Fähigkeit nicht mehr beherrschte. Er beherrschte sie meisterhaft. Viele Jahrzehnte hatte er daran gefeilt, hatte nie in seinem Bemühen darum nachgelassen und sie - aus seiner Sicht - zur Perfektion entwickelt. Sie stand ihm jederzeit zur Verfügung. Man könnte ihn aus tiefstem Schlaf wecken und er könnte sofort darauf zugreifen.

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Der Schulweg - Meisters Werk 2

Durch das Buch hatte sich die Methode des Meisters im ganzen Land verbreitet und immer mehr Menschen kamen in den kleinen Ort.

Viele von ihnen wollten nicht nur sehen wo und wie er gelebt hatte, nein, sie strebten nach der im Buch beschriebenen Glückseligkeit, der vollkommenen Harmonie in jedem Augenblick ihres Seins.

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