DINGS OHNE D

Dorfgespräche und andere Geschichten

Hungrig in Zinst

Wir fragten uns, wer nun eigentlich für uns zuständig war? An wen konnten wir uns wenden, um etwas zu essen zu bekommen?
Scheinbar an niemanden.

Seit wir nach Deutschland zurückgekommen waren, war es immer das Militär gewesen, das uns sagte, was wir tun sollen. Der Stadtkommandant hatte uns die Schule zugewiesen, Soldaten hatten uns dann von Kemnath nach Zinst gebracht und auch für die Kartoffeln gesorgt. Aber deutsche Soldaten gab es hier natürlich überhaupt keine mehr. Und wären welche da, hätten sie sicher nicht über die Zuteilung von Lebensmitteln entscheiden können.

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Nächtlicher Besuch

Zum Glück war ich nicht allein am Bach. Wir waren acht, vielleicht auch zehn Mädchen. Alle starr vor Schreck. Die Panzerkolonne nahm kein Ende, eine nach der anderen dröhnten diese Monstermaschinen direkt über unseren Köpfen die Straße entlang. Es war eine furchtbar beunruhigende Situation. Der Bach war etwa einen Meter unterhalb des Straßenniveaus und die Straße war nicht breit. Würde ein Panzer auch nur einen kleinen Schlenker machen, würde er unweigerlich von der Straße abkommen und auf uns stürzen.

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Stein sein

Sie waren sonderbar, diese Tage in Zinst. Weil der Tanzsaal als Aufenthaltsraum für uns alle viel zu klein und das Wetter gut war, waren wir die meiste Zeit draußen. Wir durften uns nicht zu weit vom Haus entfernen, aber um den Gasthof herum war Wald und weite Wiesen und da hielten wir uns in kleinen Gruppen auf. Das waren meist Mädchen aus einer Klassenstufe, wobei wir darauf achteten, dass die Kleinen nie ganz alleine waren. Denn wir waren ja nach wie vor eine ganz gemischte Gruppe, von zehn- bis sechzehnjährigen Mädchen. Wir versuchten also uns irgendwie zu beschäftigen, zu spielen oder zu singen, schon um die Kleinen abzulenken. Aber das klappte nicht besonders gut, denn um uns herum war den ganzen Tag von allen Seiten Geschützdonner zu hören.

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In und aus Kemnath

Das Gebäude der Hauswirtschaftsschule war recht groß und alle suchten sich in Windeseile Zimmer. Denn in dieser Schule gab es nicht nur Unterrichts- sondern auch Schlafräume! Wieder in einem Bett schlafen zu können war unvorstellbar schön. Außerdem hatte das Haus eine große Küche und auch noch Vorräte an Grundnahrungsmitteln. Das war gut, denn wir hatten doch schon einen ziemlich laut knurrenden Magen. Warum die Schule geräumt war, darüber dachten wir nicht nach. Wir waren froh, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Am nächsten Morgen erkundeten wir ein wenig Kemnath und die nähere Umgebung der Schule.

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Über die Grenze

Wenn man lange in einem Güterwagen unterwegs ist, stellen sich auch einige sehr spezielle Probleme ein (auf die ich hier aber gar nicht näher eingehen möchte) - denn es gibt natürlich keine Toilette. Außerdem fragten wir uns, wie sparsam wir mit unserem Proviant sein mussten. Für drei Tage etwa hatten wir Verpflegung mitbekommen, aber wir kamen ja kaum voran. Wann würden wir am Ziel sein?

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Tiefflieger

Als ich hörte, dass wir an einem Lazarettzug angekoppelt waren, war ich irgendwie beruhigt. In meiner Vorstellung bedeutete das Sicherheit. Lazarettwagen haben ja alle ein großes rotes Kreuz auf dem Dach. Die Flugzeuge sehen das von oben und greifen diesen Zug dann nicht an. Dachte ich. Stimmt vielleicht auch. Aber was denken Tiefflieger, die einen Lazarettzug sehen, an dem hinten drei Güterwagen angehängt sind?

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Abreise aus Gumpolds

Was sich in dem Brief vom 4.4.45 mit der Ankündigung der Abreise als große Aufregung darstellte, wurde dann wirklich sehr aufregend. Wobei aufregend das falsche Wort ist. Bedrückend oder beängstigend trifft es besser. Aber eins nach dem anderen.

Als wir am Bahnhof ankamen, herrschte da schon ein riesiges Gedränge. Es war nicht nur unsere Schule dort, sondern auch noch die beiden Jungenschulen aus Charlottenburg. Und dazu das übliche Gedränge eines Bahnhofs, wobei, ich glaube nicht, dass es viele normale Reisende gab. In meiner Erinnerung scheinen es vor allem Flüchtlinge zu sein. Die beiden Gruppen unterscheiden sich sehr deutlich voneinander. Ein Reisender ist vielleicht in Eile, um seinen Zug noch zu erwischen. Flüchtlinge sind verzweifelt.

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Reisevorbereitung

Ostern wurde also gefeiert, 1945 fiel es auf den 1. April, aber kurz danach überschlugen sich die Ereignisse. Hier ein Auszug aus einem Brief, den ich am 4. April an meine Eltern schrieb:

„.... Kurz nachdem wir geweckt worden waren, hieß es, dass wir unser KLV Bettzeug abziehen mussten. Das war natürlich eine aufregende Sache. Und am Kaffeetisch wurden unsere Vermutungen bestärkt. Wir sollten uns nach dem Essen gleich unsere Koffer abholen uns bis zum Mittag gepackt haben, da das große Gepäck schon zur Bahn gebracht wird und wir im Laufe des morgigen Tages fahren würden.

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