DINGS OHNE D

Dorfgespräche und andere Geschichten

Wieder in Weimar

Nach einer gar nicht langen Fahrt hielt der Zug in Weimar und ich stieg aus. Vom Bahnhof aus war nicht zu sehen, ob in der Stadt viel zerstört war. Eigentlich sah alles ganz normal aus. Ich schulterte meinen Rucksack und machte mich auf den letzten Rest des Weges. Der Weg vom Bahnhof zu meiner Oma war nicht weit. Höchstens 20 Minuten. Die Häuser standen noch alle, mir fiel ein Stein vom Herzen. Trotzdem wurde ich immer langsamer. Was würde meine Oma sagen, wenn ich plötzlich vor ihr in der Tür stehe?

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Auf und ab

Unser Weg führte uns von Kemnath über Bayreuth, Kulmbach, Kronach, Ludwigstadt, Saalfeld, Rudolstadt nach Blankenhain. Ein Großteil dieses Weges führte leider durch den östlichen Teil des Frankenwalds, einen Teil des Thüringer Waldes. Eine landschaftlich sehr schöne Gegend, aber leider eben auch ein Mittelgebirge. Etwa bis Kronach ging es noch, da war die Gegend nur recht hügelig. Aber danach ging es bis Saalfeld fast nur bergauf. Das war eine rechte Strapaze.

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Zweifel kommen auf

Die Bauern haben eigentlich nie besonders lange mit uns gesprochen. Dazu hatten sie zu viel Arbeit und es kamen ja Tag für Tag fremde Menschen auf ihren Hof, oft viele auf einmal. Aber hin und wieder fragte uns doch mal ein Bauer nach dem Woher und Wohin. Einer hat sich mal den ganzen Abend mit uns unterhalten. Mit dem Ergebnis, dass er uns schließlich anbot, bei ihm auf dem Hof zu bleiben und zu arbeiten. Nach Berlin zu gehen, was ja unser eigentliches Ziel war, das hielt er für keine gute Idee. Er erzählte viel über den Endkampf um Berlin, alles sei zerstört ...

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Straßenregeln

Wie sah es damals auf der Straße aus? Die Fahrbahn, nicht so breit und schön ausgebaut wie heute, gehörte in erster Linie dem Militär. In rasantem Tempo sausten die Jeeps um schwerfällige Armeelaster herum und um die Pferdefuhrwerke, mit denen die Bauern auf ihre Felder fuhren. Ja, die Bauern waren damals alle noch mit Fuhrwerken unterwegs. Fußgänger gingen neben der Straße, meist gab es dort einen holperigen Feldweg. Zu meiner Überraschung waren sehr viele Fußgänger unterwegs. Aber es waren ausschließlich Männer, entlassene Soldaten auf dem Weg nach Hause.

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Los gehts

Im Nachhinein würde ich sagen, dass wir vielleicht etwas blauäugig waren. Wir waren sehr behütete Mädchen, die sich aufmachten zweihundert Kilometer durch ein kriegsverwüstetes Land zu marschieren. Sicher, wir wussten, dass wir zur Not nicht viel brauchten. Ein paar Kartoffeln und etwas Löwenzahn, damit kamen wir schon für eine Weile zurecht. Wahrscheinlich half es auch, dass wir vom Krieg selbst gar nicht so viel mitbekommen hatten. Im KLV waren wir weit davon weg und auch in Deutschland ...

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Den Ranzen schnüren

Aber daraus wurde nichts. Am nächsten Morgen hieß es, dass wir vermutlich das Haus räumen müssten und anderswo hingebracht würden. Wohin? Das stand noch nicht fest. Schon wieder einen Umzug – nein, da wollte ich dann doch lieber meine Idee vom Vortag verwirklichen. Wenn wir wirklich wieder umziehen müssten, würde ich nach Weimar gehen. Da ich so eine lange Wanderung unmöglich mit meinem Koffer in der Hand antreten konnte, begann ich sofort einen Rucksack zu nähen.

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Auflösungserscheinungen

Nach drei Tagen kamen dann die anderen. So lange brauchten wir aber auch, um das Haus wieder ordentlich herzurichten. Unsere Lehrerin hatte inzwischen mit der zuständigen amerikanischen Stelle verhandelt und sich die Zusicherung geholt, dass wir in dem Haus bleiben konnten. Das war schon gut. Aber eigentlich wollten wir ja wieder nach Berlin zurück. Doch davon wollte der amerikanische Offizier, der ab und an bei uns vorbei schaute, nichts wissen.

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Schlemmen in Kemnath

Aber eines Tages, nach vielen vergeblichen Märschen nach Kemnath, war das Schulgebäude plötzlich leer. Zumindest erschien es uns so, als wir davor standen. Man merkt ja nicht direkt, ob ein Haus bewohnt ist oder nicht. Aber anders als sonst, sahen und hörten wir niemanden im Haus; es wirkte verlassen. Nur, konnten wir deshalb einfach so hineingehen? Vielleicht kämen die Soldaten ja bald zurück, von einem Einsatz oder einer Übung. Wir waren sehr unsicher und wussten nicht so recht, wie wir uns verhalten sollten und berieten uns eingehend. Letztlich gab es den Ausschlag, dass der einzige Zweck unseren täglichen Wanderung die Prüfung des Hauses war. Wir konnten also unmöglich nicht reingehen. Und was konnte schon passieren?

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